Mediation oder Rechtsstreit? – Herr Thorsten Blaufelder, Gründungsmitglied des IBBM e.V.

 

Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht als Gründungsmitglied des IBBM e.V. schien für mich erst einmal ziemlich unlogisch. Anwälte sind doch zum Streiten vor Gericht da und nicht zum miteinander reden. Ist das so?

Nein, eben nicht. Thorsten Blaufelder ist auch Mediator und gibt Seminare. Er verfasst Artikel und ist natürlich auch als Anwalt tätig.

 

Susanne Schmid:

Auf das Gespräch mit Dir freue ich mich sehr, denn ich weiß, Du bist ständig im Einsatz, aber für mich nimmst Du Dir extra Zeit. Vielen Dank dafür!

Du bist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator. Vereinfacht gesagt, sorgst Du als Anwalt dafür, dass Dein Mandant Recht bekommt und zufrieden ist und als Mediator unterstützt Du mehrere Konfliktparteien bei der Konfliktklärung.

Beide Seiten sollen Recht bekommen, aber vor allem zufrieden sein. Ich weiß, das klingt schon sehr einfach. Aber vielleicht erklärst Du das mal genauer

 

Was hat Dich dazu gebracht Fachanwalt und Mediator zu werden? Wie würdest Du Deine Aufgabe als Anwalt und Mediator beschreiben?Wie bringst Du das unter einen Hut?

 

Thorsten Blaufelder:

Für das Gespräch mit Dir nehme ich mir gerne Zeit.

Nach acht Jahren im Anwaltsberuf habe ich mich im Jahre 2010 in Ludwigsburg mit einer eigenen Kanzlei selbstständig gemacht. Seinerzeit war ich als „klassischer“ Arbeitsrechtsanwalt tätig, insbesondere bei Kündigungen, Abmahnungen, Versetzungen, etc.

Im Laufe der Zeit habe ich immer deutlicher gemerkt, dass es auch noch andere Mittel und Wege außerhalb des Gerichtsverfahrens geben muss, um Konfliktfälle zu bearbeiten und zu lösen.

Im Rahmen einer Anwaltsfortbildung bin ich auf das Mediationsverfahren gestoßen und war sofort „infiziert“. Ich habe daraufhin von 2013 bis 2014 an der FernUniversität in Hagen ein weiterbildendes Studium mit dem Schwerpunkt “Mediation in der Wirtschaft” absolviert.

Seitdem bin ich als Wirtschaftsmediator bei innerbetrieblichen Konfliktfällen tätig, d. h. zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Betriebsräten und Geschäftsführungen sowie bei Streitigkeiten unter Arbeitnehmern, z. B. in Teams oder Abteilungen.

Für mich ist es wichtig und entscheidend, auf eine klare Rollentrennung zu achten. Werde ich als Anwalt für einen Mandanten tätig, dann bin ich einseitiger Parteivertreter und habe ausschließlich die Interessen meines Mandanten zu wahren.

Dabei ist es mir aber gestattet, das Mandat mediativ zu bearbeiten, um ein zufriedenstellendes Ergebnis für meinen Mandanten zu erzielen.

Mediatoren hingegen ermitteln nicht, wer im Recht ist und wer nicht. Mediatoren arbeiten mit der Wahrnehmung der Parteien. Sie akzeptieren diese subjektiven Wirklichkeiten. Sie benennen allerdings Unterschiede in den Sichtweisen und versuchen, einen Wechsel der Perspektiven und die Konstruktion einer „gemeinsamen Geschichte“ zu ermöglichen.

Sie nehmen dabei alle Standpunkte, Interessen und Gefühle der Streitenden ernst. Als Wirtschaftsmediator bin ich in besonderem Maße zur Neutralität und Allparteilichkeit verpflichtet. Das stellt einen völlig anderen Auftrag an meine Person als Mediator dar.

Diesen Spagat und Rollenwechsel hinzubekommen, fiel mir als berufserfahrener Anwalt am Anfang nicht leicht. Zum Glück gibt es die Möglichkeit, in Supervisionen und Fortbildungen für Mediatoren seine Mediationspersönlichkeit und die entsprechende Haltung weiterzuentwickeln.

 

Susanne Schmid:

Die Website des IBBM lässt im ersten Eindruck sicher vor allem an Bildung und Coaching denken. Du bist ein Gründungsmitglied des IBBM e.V. und das als Anwalt. Oder ist hier der Mediator Mitglied?

 

Was hat Dich dazu gebracht bei gerade dieser Vereinsgründung dabei zu sein?

 

Thorsten Blaufelder:

Nach meinem Studium zum Wirtschaftsmediator habe ich von 2015 bis 2016 noch eine Business Coaching-Ausbildung absolviert.

Hinzu kommt, dass ich bereits seit dem Jahre 2006 als Referent und Dozent tätig bin. Abteilungsleiter, Teamleiter, Führungskräfte, Betriebs-/Personalräte und Personalverantwortliche bilden die Säulen eines Unternehmens und leisten einen wertvollen Beitrag in puncto Arbeitsklima und Effizienz.

Als Seminarleiter und Referent gebe ich meinen Teilnehmern umfassende arbeitsrechtliche Kenntnisse und Techniken des innerbetrieblichen Konfliktmanagements an die Hand.

Mir ist es wichtig, in den Seminaren und Schulungen praxisnahe Kernkompetenzen so zu vermitteln, die die Teilnehmer bei innerbetrieblichen Konflikten direkt anwenden und somit selbst und eigenverantwortlich in einem für alle Seiten ausgewogenen Verhältnis handeln können.

Von daher war es für mich im Jahre 2015 völlig selbstverständlich, meine Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen des IBBM für interessierte Teilnehmer und Klienten einzubringen. Im Ergebnis bin ich vor allem als Wirtschaftsmediator, Referent und Business Coach Mitglied im IBBM.

 

Susanne Schmid:

Als Anwalt wie auch als Mediator hast Du viel mit Konflikten zu tun. Teilweise ist eine gute Einigung möglich, aber teilweise triffst Du sicher auch auf sehr belastende Situationen.

Ich habe Dich als sehr empathischen Menschen kennengelernt. Ich kann mir denken, dass so manche Situation mit Deinen Klienten nicht so ganz spurlos an Dir vorbeigeht.

 

Wie schaffst Du es Dich selber immer wieder neu zu motivieren. Was ist Dein Motivationsgeheimnis?

 

Thorsten Blaufelder:

Als Berufsanfänger haben mich meine zu bearbeitenden Fälle und Mandate oft schlaflose Nächte bereitet. Im Laufe der Zeit lernt man ein wenig damit umzugehen.

Nach meiner eigentlichen Coaching-Ausbildung habe ich noch viele weitere Fortbildungen besucht, die mir auch dabei helfen, mit mir selbst gut umzugehen und Selbstfürsorge zu betrieben.

Momentan befinde ich mich in einer Fortbildung zum Resilienz-Trainer, die ich im Frühjahr 2021 abschließen werde. Die erworbenen Kenntnisse möchte ich dann im Rahmen von Trainings und Schulungen auch an andere Menschen weitergeben.

Denn ich weiß aus meinen bisherigen Tätigkeiten, dass die physischen und psychischen Belastungen im Arbeitsalltag immer mehr zunehmen. Hier Hilfe zu leisten, ist ein wichtiges Anliegen für mich.

In puncto Motivation kann ich jedem nur zu täglicher Selbstreflexion und persönlicher Weiterbildung raten. Als Coach leite ich meine Coachees dabei an, wie sie dies im Alltag umsetzen können.

Bedeutsam ist es auch, sein persönliches „wozu“ zu kennen.  Meine Mission ist es jedenfalls, in einer immer komplexer werdenden Welt einen Beitrag zu einer besseren Arbeitskultur zu leisten. Dies motiviert mich ungemein.

 

Susanne Schmid:

Wer sind aber nun genau Deine Klienten? Wer kann sich an Dich wenden?

 

Bist Du nur für Unternehmen ein Ansprechpartner oder können sich auch Privatpersonen an Dich wenden?

 

Thorsten Blaufelder:

An mich darf sich jeder wenden, sowohl Privatpersonen, Arbeitnehmer-Vertretungen als auch öffentliche und private Organisationen und Unternehmen.

 

Susanne Schmid:

Das Gespräch war echt spannend und ich sage es ganz offen, Du hast mit Deinen Worten nicht einfach nur informiert, sondern mich auch motiviert.

Die Arbeitswelt ist vielfach gnadenlos geworden. Menschen, die nicht so einfach in eine Schablone passen, haben es immer schwerer. Das gilt nicht nur für den Hilfs- und Facharbeiter, sondern auch für Mitarbeiter der Leitungsebene und des Managements eines Unternehmens.

Ich finde es unglaublich wichtig, dass es Anwälte wie Dich gibt, die als Mediator und Coach das konstruktive und motivierte Miteinander in Unternehmen fördern und nicht nur den Weg gehst zu warten, bis eine Partei kommt, um den Konflikt vor Gericht zu klären.

Denn bei einer Klärung vor Gericht gibt es in der Regel nur einen Gewinner. Bei einer Mediation gewinnen alle!

 

 

 

 

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